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Entretien avec le violoncelliste Edgar Moreau

Concert symphonique

Verdis Requiem : Im Gespräch mit Aziz Shokhakimov

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VERDISSIMO !

Wie bereits gesagt, ist Verdis grandioses Requiem eine Hommage an Alessandro Manzoni, eine der zentralen Figuren der italienischen Romantik. Verdi bewunderte ihn zutiefst, am Abend von Manzonis Beerdigung sagte er: „Ich war heute nicht dabei. Doch wenige Menschen waren wohl heute Morgen trauriger und berührter als ich [...]. Mit ihm endet der reinste, der heiligste, der höchste Ausdruck unseres Ruhms.“ Dieses Werk berührt Aziz Shokhakimov, den musikalischen und künstlerischen Leiter des Orchestre philharmonique de Strasbourg, zutiefst. Hier einige Bemerkungen des Dirigenten dazu.


Im Laufe Ihrer Karriere, unter anderem an der Deutschen Oper am Rhein, haben Sie mehrere von Verdis Opern dirigiert, darunter Aida und Rigoletto. Wie ist Ihr Verhältnis zur Musik dieses italienischen Komponisten ?

Ich habe zahlreiche Verdi-Opern geleitet. Seine Fähigkeit, mit einfachsten Mitteln eine tiefgründige musikalische Dramaturgie zu schaffen, hat mich immer beeindruckt. Und seine Fähigkeit, alle Emotionen seiner Helden und Heldinnen aus der Musik heraus zu entwickeln, hat mich immer inspiriert.


Was ist Ihr Zugriff auf diese monumentale Partitur. Es gibt ja immer Referenzaufnahmen. Hier denkt man beispielsweise an die Version von Daniel Barenboim mit dem Orchester der Mailänder Scala, mit Anja Harteros, Elina Garanca und Jonas Kaufmann bei DECCA. Hören Sie sich die an?

Ja, ich habe mir einige Aufnahmen angehört, doch ich kannte diese Musik zuvor schon sehr gut, denn während meines Studiums habe ich meinem Lehrer bei einer Aufführung des Requiems in Taschkent assistiert. Welches sind die wesentlichen Aspekte, wenn man so eine Partitur dirigiert?

Bei diesem Werk ist es wichtig, das Gleichgewicht zwischen Orchester und Chor zu halten, besonders zwischen Blech und Chor. Ich denke, meine Erfahrung im Orchestergraben wird mir helfen, hier das richtige Gleichgewicht zu finden.

Geschrieben für den ersten Jahrestag des Todes von Alessandro Manzoni, ist es „eine Oper im Kirchengewand“, wie Hans von Bülow, der Verdi nicht besonders mochte, spitz bemerkte. Das wirft eine sehr berechtigte Frage auf: ist das für Sie ein religiöses Werk oder Theatermusik?

Ich würde sagen, die Antwort steckt schon in Ihrer Frage: für mich ist das religiöse, heilige und theatralische Musik. Und genau diese Synthese macht das Werk einzigartig im gesamten Repertoire.

Wenn man Jagos Worte aus dem 2. Akt von Otello im Ohr hat („La morte è il nulla, è vecchiafola il Ciel“ / „Der Tod ist das Nichts, der Himmel ein Ammenmärchen“), könnte man denken, Verdi schrieb sein Requiem vor allem für die Lebenden, für die Menschen. Was halten Sie davon?

Das ist eine sehr philosophische Frage. Die Antwort hängt sehr von der Lebensphase der Zuhörer ab, von ihrer Vorstellung von Leben und Tod. Und so kann jede Ansicht zu dieser Musik richtig sein. Meine ist, dass diese Partitur sich vor allem um die menschlichen Emotionen und Empfindungen kümmert.

Was sagt diese Partitur von 1874 dem Zuhörer oder der Zuhörerin von 2022?

Diese Musik erinnert uns daran, dass wir alle sterblich sind, zumindest körperlich, dass wir jede Minute unseres Lebens schätzen sollten und auch alle daran denken müssen, was wir nach unserem Tod in dieser Welt hinterlassen.